Nulldrei in Zwickau 23.04.16

nulldrei-vs-zwigge.2016
„Erfreulicherweise gab es an diesem Tag zudem, zum ersten Mal seit dem
letzten Gastspiel in Zwickau, wieder Zwei Busse die sich auf den Weg
machten. Schade aber dass es die Leute, die im zweiten Bus waren, sonst
nie schaffen sich mal zu einem Auswärtsspiel zu bewegen, welches
außerhalb von Berlin ist. Leider ist es vielen immer noch wichtiger aus
irgendwelchen scheinheiligen politischen Gründen Auswärts zu fahren, als
tatsächlich einmal um unsere Equipe zu unterstützen.“

Ausschnitt aus dem Spielbericht des Nowaweser Kiezkurier zum
Auswärtsspiel in Zwickau 

Als ich diese harsche Kritik des NKK’s an der Haltung der Berliner
Nulldrei Fans las, war ich doch mehr als nur leicht angesäuert. Denn sie
behauptet, dass ich persönlich den SVB nur aus politischen Gründen
unterstütze und überhaupt kein Interesse an Fußball haben soll. Ich
möchte die Unterstellungen im Artikel zum Anlass nehmen, um zu den
Anschuldigungen im Speziellen und grundsätzlich zur Form der Kritik in der
Kurve Stellung zu beziehen.

Zunächst möchte ich festhalten, dass es trotz Niederlage eine sehr
schöne Auswärtsfahrt war. Endlich gab es mal wieder einen Berliner Bus.
Die Crew war bunt gemischt. Es waren nicht nur die üblichen
Oldschooler*innen und Fast-Alles-Fahrer*innen dabei, sondern auch ein
paar jüngere Menschen oder jene, die es sich sonst nicht leisten können,
jede Auswärtsfahrt mitzumachen. Die Orga lief super. Es gab viele
helfende Hände. Der Fahrer war in Ordnung und entspannt. Alle im Bus
hatten ihren Spaß. Deshalb würde es mich nicht wundern, wenn in Zukunft
aus Berlin nun doch öfter Busse fahren.

Die Fahrt nach Zwickau war also zumindest für die Busbesatzung aus
Berlin ein Highlight der Saison. Wenn da nicht die Beschuldigungen des
NKK’s wären. Halten wir fest: Ja, seit dem letzten Auswärtsspiel in
Zwickau hat es keinen Berliner Bus gegeben. Ja, sicherlich hat die
politische Brisanz, aber eben auch die sportliche Relevanz zu einer
Füllung des Busses beigetragen. Hier frage ich mich aber, ist das nicht
im Babelsberger Bus eventuell auch so gewesen? Noch einfacher: Kommen zu
politisch brisanten Spielen wie beispielsweise gegen den BFC nicht auch
aus Babelsberg und der brandenburgischen Provinz mehr Leute, als wenn
wir beim BAK spielen? Ich denke, dass kann, ohne sich groß verbiegen zu
müssen, mit „ja“ beantwortet werden. Deshalb ist es schon ziemlich
abenteuerlich, das Zustandekommen des Berliner Busses wegen vermeintlich
verwerflicher Motive zu kritisieren, da dies eben auch für alle anderen
Event- und Polit-Hopper*innen gelten muss.

Ich denke, dass der Kern der Aktiven in Berlin einfach kleiner ist als
in Babelsberg. Somit rechnet sich ein Bus für uns nur bei attraktiveren
Gegner*innen. Den aktiven Berliner*innen aber deshalb vorzuwerfen, dass
sie nur „aus irgendwelchen scheinheiligen politischen Gründen Auswärts
fahren, als tatsächlich einmal um unsere Equipe zu unterstützen“, ist
schlichtweg falsch. Ich könnte sofort 10 Leute aus dem Bus aufzählen,
die diese Saison bereits mehrmals auswärts unterwegs waren, auch zu
vermeintlich politisch weniger brisanten Spielen. Für mich persönlich
macht der SV Babelsberg 03 mein Leben um einiges erträglicher. Deswegen
unterstütze ich diesen Verein immer und überall so gut ich kann. Und da
spielt für mich allein mein Herzverein, also auch der Fußball die
entscheidende Rolle und nicht politische Gesinnung des Gegners. Dies
anzuzweifeln entbehrt jeglicher Grundlage.

Unabhängig davon ärgert mich aber auch die überaus polemische und stark
verallgemeinernde Wortwahl. Denn „Schade aber dass es die Leute…“
kritisiert jede*n Einzelnen des Berliner Busses. Später wird
glücklicherweise differenzierter von „vielen“ gesprochen, um im nächsten
Satz wieder allen Scheinheiligkeit und die mangelnde Liebe zu Nulldrei
vorzuwerfen. Wenn es um bestimmte Aktionen von Einzelpersonen geht,
sollten diese auch benannt werden. Denn es könnte durchaus passieren,
dass die pauschale Kritik gegen alle dann nämlich nicht mehr haltbar
ist. Die im Artikel verwendete, verallgemeinernde und undifferenzierte
Wortwahl verhindert jede Diskussion, da sie die womöglich tatsächlich
kritikwürdigen Aktionen Einzelner kollektiviert und so jede*n Einzelnen
als Teil der Gruppe attackiert, statt sich mit der zu kritisierenden
Aktion auseinander zu setzen. Somit ist das Ziel einer jeden Kritik
verfehlt. Denn Kritik soll, wenn sie nicht Abrechnung, Diffamierung oder
Herabwürdigung sein will, immer auch zum Nachdenken und diskutieren
anregen. Sie soll keine Gräben ausheben und Distanz schaffen. Genau dies
ist aber durch die getroffene undifferenzierte Formulierungsweise passiert.

Neben den inhaltlichen Unterstellungen des Artikels stört mich aber vor
allem die Überheblichkeit von Einzelpersonen, die anscheinend meinen das
„Ultrasein“ erfunden zu haben. Diese Arroganz zeigt sich sowohl in den
oben zitierten Zeilen als auch in persönlichen Gesprächen. Engagement
von sich erst langsam neu formierenden Gruppen werden von oben herab
sofort klein gemacht, auseinandergenommen und in Grund und Boden
kritisiert. In meinen Augen scheint es nicht darum zu gehen, durch
Kritik den entsprechenden Gruppen zu helfen, sondern sie mundtot zu
machen. Gerade in unserer kleinen Kurve sind engagierte junge und auch
alte, vor allem aber neue Leute essentiell wichtig. Anstatt ungerecht
mit Gleichmacherei und diffamierenden Unterstellungen auf sie
einzuschlagen, sollte ihnen vielmehr eine helfende Hand gereicht werden.
Kritik gehört unweigerlich dazu. Jedoch sollte sie fair und sachlich
sein und im Idealfall konkrete Verbesserungsvorschläge beinhalten. Ein
absolutes No-Go ist es die Gefühle für Nulldrei derart in Frage zu
stellen. Denn nicht jede*r kann es sich bspw. finanziell leisten bei
jedem Spiel dabei zu sein. Jeder supportet eben anders. Ultra‘ ist ein
heterogener Begriff. Genauso so unterschiedlich wie wir, die in der
Kurve stehen.

Mit dieser Kritik ist auch das Angebot verbunden die Probleme entweder
persönlich in kleinem Rahmen zu klären oder Grundsätzliches in einem
größerem Plenum zu besprechen.

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